Pachislot
Automaten
sind zwar mit den «einarmigen Banditen» verwandt, unterscheiden sich jedoch
in einem wesentlichen technischen Detail von Ihren westlichen Gegenstücken: Die rotierenden
Walzen der japanischen Maschinen werden nur von der Geschicklichkeit des Spielers gestoppt,
während die westlichen Vorbilder einer vorgegebenen Sequenz mit festgelegten Gewinnquoten folgen.
Ein Pachislot wird auch nicht mit Geld gefüttert, sondern mit Token, welche man natürlich gegen
Bargeld erwerben muss. Ein Spiel kostet immer drei Token, denn es zählen alle drei horizontalen
Reihen, sowie die beiden Diagonalen des 3x3 Feldes in der Mitte.
Auch eine Besonderheit von japanischen Maschinen - es ist per Gesetz festgelegt, dass jede
Maschine nur den Einwurf von maximal 50 Token erlaubt.
Gewinnt ein Spieler, so werden alle Token über der magischen Anzahl von 50 sofort ausgezahlt bzw. ausgeworfen.
Glücksspiel ist in Japan per Gesetz stark
reglementiert und Geldgewinne sind praktisch verboten. Die Maximlanzahl an
Token, die pro Spielrunde gewonnen werden können, ist per Gesetz genauso festgelegt,
wie die Tatsache, dass die Maschine komplett «locked»,
sobald ein Spieler eine Gesamtzahl von 666 Token gewonnen hat. Nach einem solchen Gewinn kann niemand mehr
an der Maschine spielen, bis das Gerät vom Personal per Reset neu initialisiert wird.
Beim Start fallen einem die deutlichen Lüftergeräusche auf. Da diese Geräte fest in Doppelreihen eingebaut sind, muss die Warmluft von den Lüftern mit Kraft nach oben herausgezogen werden. Ein kurzer Selbsttest und schon meldet sich das Display entweder im Attract Mode oder im Idle Mode. Der Gamera High Grade Vision merkt sich auch im ausgeschalteteten Zustand noch einige Tage den letzten Spielstand und sogar die Anzahl der eingeworfenen Token.
Es besteht die Möglichkeit, den «Auszahlungsfaktor» in Stufen von 1 (hohe Gewinne!) bis 6 (weniger Gewinne!) zu variieren. Die Unterschiede sind eher marginal. Für den Heimbetrieb reicht die leichteste Stufe (6).
Ein wenig Modding
ist auch bei einer japanischen Pachislot Maschine notwendig, bevor an einen
Einsatz im heimischen Hobbyraum zu denken ist. Das japanische 100 Volt Netzteil
ist durch ein Schaltnetzteil ersetzt, welches nun 100-240 Volt am Eingang akzeptiert.
Darüber hinaus sind zwei zusätzliche Potentiometer eingebaut (links am Rand sichtbar) mit denen
die infernalische Lautstärke dieses Pachislot-Automaten etwas gedämpft werden kann.
Dies ist auch notwendig, denn der «Gamera High Grade Vision» ist wie jeder Pachislot
ab Werk auf maximale Lautstärke «Referenz: Verkehrsflugzeug» fest eingestellt!
Kein Wunder, denn er muss sich in Japan ja auch meistens in einem Gamecenter gegen 300 andere Pachislot-
und Pachinko-Automaten akustisch durchsetzen...
Spätestens an dieser Stelle ist es wieder einmal Zeit für unseren Standard-Disclaimer:
Solche Modifikationen sind nix für Laien oder Hobbybastler. Netzspannung ist lebensgefährlich und bei der dicht gepackten Elektronik in solch einer Maschine muss man vorher wissen, was man tut! Also Finger weg!
Hilfe, das
TFT-Display
hat ein Loch!
Nun, das ist nicht ganz korrekt; es handelt sich um ein 19-Zoll Display, bei dem
der Ausschnitt in der Mitte ohne Beschichtung hergestellt wurde. Im Prinzip fehlen also nur die Pixel (Transistoren).
Stattdessen kann man durch die durchsichtige Trägerplatte hindurchschauen und sieht die Walzen dahinter!
Coole Idee, nicht wahr?
Sobald ein Token eingeworfen wird, startet der Idle-Mode, bei dem Gamera zunächst auf dem Meeresgrund friedlich schläft. Bei besonderen Kombinationen der 1. oder 2. Walze wacht Gamera auf und ein kurzer Chance-Mode beginnt. Je nach Ergebnis der 3. Walze gibt es dann entweder einen «Kampf-Event» gegen ein anderes Monster oder nur eine kurze Animation zum «falschen Alarm». Die Animation ist durchweg filmreif und selbst nach vielen hundert Spielen gibt es immer wieder neue visuelle Überraschungen: Fische, Quallen und anderes Meeresgetier schwimmen vorbei, ein Kriegsschiff dreht seine Runden, machmal taucht eine Meerjungfrau auf, oder irgend jemand hat nur eine Tonne (mit Giftmüll?) über dem schlafenden Gamera abgekippt...
Zur Motivation gibt's erst einmal paar Hintergrundinfos; auch wenn wir hier nicht die Handlungen der letzten zwölf (!) Gamera Kinofilme zusammenfassen können. Lest hier also in 30 Sekunden alles, was Ihr wissen müsst, um beim Thema Gamera mitreden zu können:
Normalerweise beschützt Gamera die Menschheit vor den richtig fiesen, bösen Monstern. Leider finden diese «Gamera gegen Monster XY» Duelle meistens in den Innenstädten irgendwelcher japanischer Metropolen statt, so dass die Verluste an Zivilbevölkerung und Infrastruktur leider meistens recht hoch sind. Grund genug, dass sich Gamera nicht nur Freunde unter den Menschen macht. Welcher Politiker oder General vertraut schon einer gigantischen Schildkröte, die keine Befehle annimmt und mit ihrer «organischen Plasmakanone» jederzeit ganze Strassenzüge in Schutt und Asche legen kann!?!?
Noch mehr Infos gibt's natürlich auf den entsprechenden Wikipedia-Pages zu Gamera.
Jiger ist der erste Gegner, der im Attract Mode kurz vorgestellt wird. Genauer gesagt, handelt es sich eigentlich um ein weibliches Monster-Reptil. Mehr Hintergrundinfos zu Jiger gibt es hier.
Hyper Gyaos ist ein fliegendes Reptil, welches erstmals im Kinofilm «Gamera 3: Awakening of Iris» (Revenge of Iris) als Mutation der «normalen» Gyaos Monster auftaucht. Mehr Infos siehe unten in der Sektion «Iris». Dies ist der Standardgegner, den man bei «Gamera High Grade Vision» recht oft bekämpfen muss.
Guilon könnte man beinahe mit einem Nashorn verwechseln, wenn er nicht ausgerechnet 85 Meter gross wäre. Die lange Klinge/Horn ist Guilon's primäre Waffe.
Iris ist der letzte reguläre Gegner und besitzt Boss-Status, denn Iris ist auf den drei Walzen sehr selten abgebildet. Schaut mal auf die mittlere Walze unseres Fotos oben: Iris versteckt sich hinter dem Kirsch-Symbol in der Mitte/Oben! Diese Kirschen sind extrem schwer zu treffen, daher wird man im Normalfall eigentlich nie gegen Iris kämpfen müssen.
Übrigens - allen Neulingen zum Thema «Gamera» sei als Einstieg der Kinofilm «Gamera 3: Awakening of Iris» (ガメラ3 邪神覚醒) von 1999 dringend empfohlen. Der Film besitzt eine spannende Handlung und aufwendige Spezialeffekte. Vermutlich der beste Gamera-Kinofilm aller Zeiten...
«Gamera High Grade Vision» hat sogar noch einen geheimen Endboss, der so geheim ist, dass man im Attract-Mode nur die Silhouette eines Schattens sieht, wow! Die Silhouette deutet allerdings auf lange Tentakel am Kopf, daher sind wir ziemlich sicher, dass es sich um das Monster Viras handeln muss! Siehe auch den 1968er Kinofilm «Gamera vs. Viras» (ガメラ対宇宙怪獣バイラス), hoho,... Selbst wir haben Viras bisher nicht zu Gesicht bekommen, obwohl wir schon stundenlang mit unserem Gamera Pachislot gespielt haben!
Jetzt wird's ernst!
Sobald es zum Kampf kommt, ertönt orchestraler Sound aus den Lautsprechern
kombiniert mit Lauflichteffekten rund um den Gehäuserand!
Im Kampf entscheidet der Spieler mit seinen Walzen wer die aktuelle Runde gewinnt. Sind
beim Stopp der Walzen viele Monstersymbole zu sehen, dann kassiert Gamera auch mächtig Prügel
von seinem Monster-Gegner! Im Gegenzug kann man mit vielen Gamera-Symbolen auch Gamera zum
Sieg verhelfen.
Nach ein paar Runden mit abschliessendem Sieg oder Niederlage geht es für Gamera wieder zurück zum
Schläfchen auf den Meeresgrund...
Weitere Specials sorgen für zusätzlichen Stress - manchmal muss man die Walzen von rechts nach links stoppen, oder bekommt eine Vorgabe auf ein bestimmtes Symbol, welches erscheinen muss, etc.
Selbst bei den Fehlermeldungen bewiesen die Entwickler dieses Schmuckstücks noch Humor und programmierten witzige Animationen.
Oben seht Ihr ein Beispiel, wenn der «Hopper», so nennt man den Mechanismus für den Geldauswurf, blockiert ist. Der Text bittet höflich darum, den Hopper zu kontrollieren, während Dutzende kleiner animierter Gameras im Bildschirm herunterpurzeln. In diesem Fall hatten wir so viele Tokens gewonnen, dass unser Pachislot einfach leer gelaufen ist. Kein Problem, einfach die Front öffnen und Token nachfüllen!
Typ: Pachislot (Token) Maschine Titel: Gamera High Grade Vision Herkunftsland: Japan Hersteller: Rodeo (www.rodeo.ne.jp) Baujahr: 2003 Gewicht: ca. 35 kg Besonderheiten: 19 Zoll TFT mit transparentem Segment Neupreis: ca. 3.000 Euro Bemerkungen: Gamera ist bereits Auslaufmodell. In Japan dürfen Pachislot Maschinen nur maximal 3 Jahre im kommerziellen Einsatz bleiben, danach müssen sie ausgemustert werden.
Fazit: Nun, Pachislot (Token) Maschinen sind sicherlich nicht jedermann's Sache.
Wer aber einen Blickfang für den eigenen Hobbyraum oder Arcade-Keller
sucht, der sollte sich mal die neueren Modelle mit ihrer TFT-Technik anschauen.
Rund ein Dutzend Hersteller werfen in Japan jedes Jahr tausende von Maschinen auf den Markt.
Gebrauchte Maschinen finden sich zahlreich und auch preisgünstig.